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"Sehnsucht nach Unendlichkeit"

28. Juli 2010   |   Udo Watter   |   Süddeutsche Zeitung


Ausstellung “Die Farben des Meeres” in der Brunnthaler Galerie Kersten

 

Könnte man die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Kunst aufheben dann würde man wohl eintauchen wollen in diese Bilder - auch wenn die Außentemperaturen im Moment wieder moderater sind. Ob der Besucher dann Robert Araós “Seascape” oder das daneben hängende Gemälde “Morgen an der Nordsee” Malte von Schuckmanns wählen würde, wäre wohl eine Frage des Naturells: Erst genannter Künstler lebt auf Ibiza, in seinen Werken dominiert mediterranes Licht, das Wasser ist hellblau, der Blick ruht in luftiger Weite, Himmel und Meer sind in fließender Bewegung. Es ist ein Bild, das zur Kontemplation einlädt, aber auch ein wohliges Urlaubsgefühl heraufbeschwört.


Malte von Schuckmann malt dagegen extrem sorgfältig und sein Meer ist schwermütiger das Licht weniger einladend, aber die Weite des Horizonts und die Wolken dennoch zart komponiert. Sein Bild würde wohl eher ein nordischer Typ mit Hang zur Melancholie wählen.


Die Werke beider Künstler sind derzeit in der Ausstellung “Die Farben des Meeres” in der Galerie Kersten in Brunnthal zu sehen. Die Galerie - Inhaber Holger Weinstock und Elisabeth Plorin haben daneben noch weitere Gemälde zum Thema zusammengetragen von arrivierten Künstlern, mit denen sie schon länger zusammenarbeiten. “Jeder interpretiert das Meer auf eine andere Art, aber alle Künstler bestätigen, dass es mit das schwerste ist, die Materien Wasser, Luft, Wind und Wolken darzustellen”, erklärt Weinstock. Heinz-Jürgen Menzingers Arbeiten etwa wirken im ersten Moment fast schmerzhaft kitschig, die zartroten Farben leuchten in feinen Nuancen, die Intensität des Dargestellten ist packend und mitunter trägt Menzinger neben Ölfarbe sogar Sand oder Muscheln auf die Leinwand auf. Ganz andere Gefühlswallungen rufen die Bilder von Rudi Weiss hervor, der mit verschiedenen Spachteln Ölfarbe aufträgt und sie wieder abkratzt. Seine abstrakten, groben und krustigen Werke sind eher dazu angetan, im ersten Augenblick zu verstören, doch bei längerer Betrachtung hinterlassen sie einen tiefen und berührenden Eindruck - ob er nun das wilde Rauschen an der bretonischen Küste darstellt oder das bunt spiegelnde Morgenmeer bei Kreta.


Darüber hinaus sind in der Galerie Kersten noch bis zum 7. August Werke von international oder national bekannten Künstlern wie Agostino Cancogni, Werner Heinze oder Puck Steinbrecher zu sehen. Ins Surreale tendierende Bilder, fotorealistische oder auch impressionistische. Doch bei aller Diversität drücken sie doch im Grunde fast alle eine unbestimmte Sehnsucht aus, nach Unendlichkeit . Und bei dem ein oder anderen Besucher erwecken sie sogar das Verlangen einzutauchen.




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